- Autor: Melia
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Chapelle de Saint-Samson
Beim letzten Fahrradausflug hier in der Bretagne kamen wir an einer kleinen Kapelle vorbei. Der Chapelle de Saint-Samson. Hiervon soll nun der Blogbeitrag handeln.
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Der Fluch der Chapelle de Saint-Samson
Tief in den verwitterten Ebenen der bretonischen Heide, unweit der schroffen Küste, erhebt sich die historische Chapelle de Saint-Samson, seit Jahrhunderten dem Zeitablauf widerstehend. Wenn jedoch die Dämmerung hereinbricht und der Vollmond am Himmel prangt, wirft die Kapelle ihren langen, unheimlichen Schatten über die verlassene Landschaft. In solchen Nächten, unter dem fahlen Schein des Mondes, der die alten Steine in ein geisterhaftes Dunkel hüllt, erwacht eine gespenstische Legende.
Bruder Gildas – Hüter der Kapelle
Die Legende spricht von Bruder Gildas, einem frommen Diener des Heiligen Samson, der sich dem stillen Gebet in der Kapelle widmete. Gildas, ein Mönch von großer Mildheit und unerschütterlicher Frommheit, ertrank in den gnadenlosen Fluten des Atlantiks, während er ein Kind vor dem Ertrinken bewahrte. Inmitten des tobenden Sturms schwor er mit letzten Atemzügen, die Kapelle und diejenigen, die in ihr Schutz suchen, aus dem Jenseits zu behüten.
Der Schatten, der in der Chapelle wandelt
Nach diesem tragischen Tag setzte sich ein finsterer Schatten in der Saint-Samson-Kapelle fest. Eine schattenhafte Figur, die stumm durch die gewölbten Gänge strich und in den verborgensten Ecken der Kapelle lauerte. Viele glaubten, es handle sich um den Geist von Bruder Gildas, der seinen Schwur auch nach dem Tod erfüllte und zum ewigen Wächter der Kapelle wurde.
Das Unbehagen der Dorfbewohner
Murmeln in der Dunkelheit, unerklärliches Flackern der Kerzen und eine eisige Brise, die durch die heiligen Hallen der Kapelle strich, versetzten die Dorfbewohner in Angst und Schrecken. Obwohl niemandem Schaden zugefügt wurde, haftete die Angst vor dem geisterhaften Wächter an den Herzen der Menschen.
Der rettende Schatten
Eines Nachts, während ein heftiger Sturm tobte, erreichte eine Gruppe erschöpfter Pilger die Kapelle. Sie schienen verloren, vom Untergang bedroht. Doch aus der Finsternis trat eine schattenhafte Gestalt hervor, die ihnen den Weg zur Kapelle zeigte. Im sicheren Schoß der Kapelle fanden sie Zuflucht und Erholung. Als sie am nächsten Morgen nach ihrem Retter Ausschau hielten, war dieser verschwunden.
Der geheimnisvolle Beschützer
Die Dorfbewohner, nun in Kenntnis der nächtlichen Rettung, sahen Bruder Gildas‘ Schatten fortan mit ehrfürchtigem Respekt. Sie erkannten, dass der geheimnisvolle Wächter kein Grund zur Angst, sondern ein Zeichen des Schutzes war.
Die Verwandlung der Legende
So wurde aus der schaurigen Legende der Saint-Samson-Kapelle eine Geschichte von Trost und Hoffnung. Bruder Gildas, dieser stille, unsichtbare Held, wacht noch immer über die Kapelle und ihre Besucher, und seine Legende lebt in den Herzen der Dorfbewohner weiter. Denn auch in der dunkelsten Stunde ist es der Schatten, der uns den Weg zum Licht weist.
Diese erdachte Sage ist ein reines Produkt der Fantasie. Und doch könnte sie, in solcher oder ähnlicher Form, als Grundstein für eine Legende gedient haben.
Das Juwel an der Küste die Chapelle de Saint-Samson
Auf den wilden Klippen der bretonischen Küste ragt seit dem 17. Jahrhundert ein Schmuckstück unseres kulturellen Erbes empor – eine Kapelle. Durch die Anstrengungen eines engagierten Vereins öffnet sie oft ihre Pforten, lädt Reisende, Wanderer – sie liegt an der Route GR 34 – und Touristen ein, dort Ruhe und Besinnung zu finden. Von Palmsonntag bis Allerheiligen und während der Weihnachtsferien ist sie täglich zwischen 10.00 und 18.00 Uhr geöffnet, und außerhalb dieser Zeiten jeden Sonntag.
Der spirituelle Ort
Dieser Ort, auf dem die Kapelle thront, diente schon in prähistorischen Zeiten als heilige Stätte. Ein heute verschollener Menhir, der in der Nähe der Kapelle verehrt wurde, zeugt davon. Eine gallische Stele im Süden deutet auf eine heilige Stätte in keltischer Zeit hin. Später erfolgte die Christianisierung dieses Ortes: Zwei frühmittelalterliche Granitkreuze befinden sich beim Brunnen und neben der Kapelle.
Man glaubte, dass das Eintauchen von Kleinkindern oder deren Hemden in den Brunnen ihnen Kraft und Gesundheit schenkte, ihre Sprach- oder Lauffähigkeit verbesserte oder Augenschmerzen heilte. Die Details dazu finden sich in einem Gemeindebrief aus dem Jahr 1856.
Das Wasser der Quelle wird von einem Brunnen aufgefangen, kurz bevor es ins Meer fließt. Wahrscheinlich wurde die Quelle durch das Vorhandensein eines Kreuzes christianisiert, lange bevor die Kapelle gebaut wurde.
Es ist in der Geschichte durchaus üblich, dass natürliche Quellen und Brunnen als heilig angesehen wurden. Viele Kulturen betrachteten Quellen als heilige Orte mit mystischen Kräften oder als Verbindung zur spirituellen Welt. In einigen Fällen wurden solche heiligen Orte christianisiert, indem religiöse Symbole oder Gebäude hinzugefügt wurden.
Das Heiligtum der Kapelle
Die Errichtung der Kapelle geht auf das Jahr 1785 zurück. Doch es ist sehr wahrscheinlich, dass an dieser Stelle bereits vorher Kapellen standen. Denn bereits 1689 verwies der Pfarrer von Landunvez, Herr Rannou, in seiner Predigt auf einen Besuch in Saint-Samson. Der Hauptpatron der Kapelle ist der Heilige Samson, und als zweiter Patron fungiert der Heilige Yves. Ein modernes Glasfenster zeigt die Heilige Anna, während das Altarbild aus dem 17. Jahrhundert die fünf Freuden, Leiden und Herrlichkeiten der Jungfrau Maria darstellt. Der geschmückte Altar stammt vermutlich aus dem späten 18. Jahrhundert.
Die Sage des heiligen Saint-Samson
Im Jahre 495 erblickte Saint-Samson, Spross einer vornehmen Familie aus Vannes, das Licht der Welt. Mit nur fünf Jahren wurde er auf die Insel Cornouaille verfrachtet. Als eine Pestepidemie ihren Schatten auf das Land warf, kehrte er in die Bretagne Armorique zurück. Hier, in dieser wilden, ursprünglichen Landschaft, gründete er das Kloster in Dol und weitere sakrale Stätten. Obwohl sein Wirken tief in der Bretagne verwurzelt war, reichte sein Einfluss weit darüber hinaus – bis zur Kathedrale Saint-Samson in Dol, zur Kirche Saint-Samson in Lanmeur und zu den zwanzig St-Samson-Kapellen in der Bretagne. Auch in der Picardie, in der Normandie und sogar auf den Britischen Inseln finden sich Stätten, die seinen Namen tragen.
Im 6. Jahrhundert wagten viele Mönche die Reise von den Britischen Inseln nach Britannien, um das Evangelium zu verkünden. Saint-Samson war einer von ihnen und seine Existenz wurde durch seine Unterschrift auf den Akten des Pariser Konzils um 555 bestätigt. Geboren und aufgewachsen in den saftigen Tälern von Wales, war er ein Schützling des heiligen Ildut, dem Patron von Lanildut. Man glaubt, dass er in Plougasnou, im Norden von Finistère, sein Refugium fand und dort das Kloster von Lanmeur errichtete.
Obwohl Saint-Samson bereits vor seiner Ankunft auf dem Kontinent zum Bischof geweiht wurde, hatte er zunächst kein eigenes Bistum. König Childebert I. ernannte ihn später zum Bischof von Dol. Im Jahr 565, in Dol, hauchte er sein Leben aus. Seine Präsenz und sein Einfluss prägten die gesamte Bretagne so nachhaltig, dass zahlreiche heilige Stätten und Orte nach ihm benannt wurden. Es ist daher durchaus denkbar, dass er seinen Freund Ildut im Pays d’Iroise besuchte. In der Kapelle erregen zwei weitere Statuen die Aufmerksamkeit der Besucher, aber die Erinnerung an Saint-Samson bleibt unvergessen.
Statuen der Chapelle
Die Kapelle beherbergt eine Statue des Heiligen Samson aus dem 18. Jahrhundert und eine weitere Statue des Heiligen Yves, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert. Hinzu kommt eine Statue des Heiligen Isidor, einem frommen Bauern und Schutzpatron der Landwirte. Vor einigen Jahren wurde eine kleine Statue des Heiligen Samson entwendet, aber ein lokaler Künstler, Claude Delton, schuf eine neue aus Schmiedeeisen und stiftete sie der Kapelle. Sie steht nun auf dem Altar und strahlt eine Leichtigkeit und Anmut aus, die zur Besinnung und zum Gebet einladen.
Der Heilige Saint Samson | Der gerechte Heilige Yves |
Der Altar wird von zwei prächtig bunten Statuen beherrscht, von denen eine den Heiligen Samson in seiner Bischofsmütze zeigt, prominent auf der linken Seite platziert. | Die rechte Seite des Altars wird vom Heiligen Yves beherrscht, dargestellt als gerechter Richter. Sein intensiver Blick ist auf die Kläger gerichtet und spiegelt seine aufmerksame Haltung wider, während seine erhobenen Hände seine Unvoreingenommenheit in der Urteilsfindung betonen. |
Der Heilige Isidor | Die neue Statue |
Die linke Wand ziert der Heilige Isidor, der bescheidene spanische Bauer, der als Idealbild eines fleißigen und zugleich tief religiösen Landarbeiters dient. Er ist ein Sinnbild der Bauernschläue. | Es war ein trauriger Tag, als die kleine Statue des Heiligen Samson vor einigen Jahren aus der Kapelle verschwand. Doch in dieser dunklen Stunde erwies sich Claude Delton, ein kreatives Genie aus Landunvézien und bekannt für seine Arbeit bei „Les Objets du Vent“, als strahlendes Licht. Er gestaltete mit viel Sorgfalt und Leidenschaft einen neuen Saint-Samson, geschmiedet aus kraftvollem Eisen, und stellte ihn großzügig der Kapelle zur Verfügung. Seit den letzten Novembertagen des Jahres 2020 ziert dieses kunstvolle Meisterwerk den Altar. Jeder, der die Kapelle betritt, kann die erstaunliche Eleganz und Leichtigkeit der Figur bestaunen, ein stiller Hüter, der zur Andacht einlädt und das Gebet auf besondere Weise unterstützt. |
Kunstvoll gefärbtes Licht
Die modernen Glasfenster stammen aus dem Jahr 1993.
Links vom Altar steht die Heilige Anna, die Mutter der Jungfrau Maria, an ihrer Tochter gewandt. | Rechts vom Altar. Der Heilige Samson, erkennbar an seinem Bischofsstab, heilt einen Kranken. |
Notre Dame de Ermites | |
„Unsere Liebe Frau der Eremiten“ ist auch als „Notre Dame des Ermites“ im Französischen bekannt und bezieht sich auf die Verehrung der Jungfrau Maria in speziellen katholischen Praktiken. Diese spezielle Form der Andacht entstand aus dem eremitischen Leben, einer Art monastischer Lebensweise. In dieser Praxis ziehen sich Mönche oder Nonnen in Abgeschiedenheit zurück, häufig in der Wildnis, um ein Leben des Gebets und der tiefen Betrachtung zu verbringen. |
Ex-Voto (aufgrund eine Gelübdes)
Eine ehemalige Votivgabe, ein vollständig getakelter Schoner, existiert heute nicht mehr. Aber der Verein erhielt im Dezember 2020 ein Modell eines Schiffes als Spende, das im März 2021 aufgestellt wurde. Der großzügige Spender wünscht anonym zu bleiben.
Siebeneckige Stele
Vor dem Eingangsbereich der Chapelle befindet sich eine siebeneckige Stele aus der Eisenzeit Sie wurde als Kreuzträger wiederverwendet. Bemerkenswert ist, dass sie auf einer der Seiten eine eingravierte Inschrift trägt: TP ST GONVEL 1757.
Es handelt sich um einen Grenzstein, der die Grenze zwischen den Gemeinden Plougonvelin und Saint-Mathieu markiert. Die Buchstaben „TP“ stehen für „Terre-plein“, was „befestigter Platz“ bedeutet. Die Buchstaben „ST GONVEL“ sind eine Abkürzung für „Saint-Gonvel“, den Schutzpatron von Plougonvelin. Die Zahl „1757“ ist das Jahr, in dem der Grenzstein errichtet wurde. Der Grenzstein ist ein Zeugnis für die Geschichte und die Identität der Region.
Indes liegen die genannten Gemeinden westlich von Brest, in einer Entfernung von etwa 30 Kilometern. Das Rätsel, warum der Grenzstein nun so weit im Norden, weit abseits der tatsächlichen Grenzen der Gemeinden, zu finden ist, bleibt indes unaufgeklärt.
Hinweistafel am Eingang
„Der Stein des Heiligen Samson ist verschwunden“, „Dianket co maen Sant Samson“. Um von Rheuma befreit zu werden, genügte es, den Rücken am „Stein des Heiligen Samson“ zu reiben, einem zwei Meter hohen Menhir, der sich einst in der Nähe der Kapelle befand. Das Wasser des Brunnens war dafür bekannt, Augenkrankheiten zu heilen und die Gehfähigkeit von Kleinkindern zu fördern.
Der Heilige Samson stammte aus Wales und landete um 548 in der Nähe von Cancale (Ille-et-Vilaine), um das Land zu evangelisieren. Gemeinsam mit seinen Gefährten baute er zahlreiche Klöster, um die herum Dörfer entstanden. Gleich nach seiner Ankunft in Armorika hatte er eine Frau von Lepra und ihre Tochter vom Wahnsinn geheilt. Zum Dank schenkte ihm der Ehemann ein Stück Land, auf dem er sein Bistum errichten sollte. Er war tatsächlich der erste Bischof von Dol (Ille-et-Vilaine), aber sein Charisma war so groß, dass ihm in der ganzen Bretagne zahlreiche Kapellen geweiht wurden.
Die Chapelle des Saint-Samson ist klein, bescheiden und dennoch betörend charmant, eingebettet in eine wilde und gleichzeitig erhabene Landschaft, die ihr die Anmut eines außergewöhnlichen Postkartenmotivs verleiht.
Stay tuned… es bleibt spannend….